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Kollokationen

Die Identifikation von Kollokationen, verstanden als „nicht oder nur schwach idiomatische Wortverbindungen“ (Burger 2007), verlangt eine Abgrenzung in zwei Richtungen. Zum einen sind sie von Wortkombinationen abzugrenzen, deren Miteinandervorkommen in keiner Weise prädestiniert ist. Zum anderen sind sie von den übertragenen (idiomatischen) Wortverbindungen (Phrasemen) abzugrenzen, deren Bedeutung sich nicht wörtlich entschlüsseln lässt (bspw. „starker Tobak“, „kalter Kaffee“).

Von einer Kollokation kann man dann sprechen, wenn ein Sachverhalt durch mehrere Wortkombinationen ausgedrückt werden kann, aber von den Sprechern/Schreibern überwiegend ein und dieselbe gewählt wird. Oft lässt sich dann auch eine gegenseitige Evozierbarkeit feststellen, also dass ein Ausdruck seinen Kollokationspartner gewissermassen zwangsläufig fordert, wie es bei „Abhilfe schaffen“ oder „Amok laufen“ der Fall ist.

Diese Prädisposition, dass für einen bestimmten Sachverhalt immer die gleiche Wortverbindung aus mehreren möglichen Wortkombinationen ausgewählt wird, kann in Textkorpora statistisch nachgewiesen werden. Mittels der Kookkurrenzanalyse lassen sich die Partner zu einem Ausgangswort finden, welche mit einer statistisch relevanten Häufigkeit in dessen Nachbarschaft vorkommen.

Wissenschaftlich kann man sich Kollokationen sowohl von sprachsystematischer Seite als auch von pragmatischer Seite nähern. In der angewandten Sprachwissenschaft führt der erste Ansatz in seiner konsequenten Umsetzung zur korpusanalytischen Ermittlung von Kookkurrenzen, also solchen Wortpaaren die – ungeachtet der Syntax und Semantik – rein statistisch überdurchschnittlich oft in einem definierten maximalen Abstand (meist fünf Wortzeichen) miteinander vorkommen. Der pragmatische Ansatz legt dahingegen Wert auf eine logische, über die reine Nachbarschaftsbeziehung hinausreichende Verbindung der beiden Komponenten. Solche semantisch zusammengehörige Komponenten einer Kollokation lassen sich bislang einzig auf rezeptivem Weg – also beispielsweise durch die Lektüre von Texten - ermitteln, ein Verfahren, dass in grösserem Umfang schnell an die Grenzen der Ressourcen stösst.

Vor dem Hintergrund des Projektziels, eines korpusbasierten Kollokationenwörterbuchs für die Zielgruppe der fortgeschrittenen Sprachlerner, sind beide Betrachtungsrichtungen für sich genommen unzureichend – die Kookkurrenzenanalyse von Korpora bringt viel zu viele nicht wörterbuchrelevante Daten hervor und die rein kognitive und pragmatische Ermittlung der Kollokationen ist neben dem beträchtlichen Arbeitsaufwand problematisch hinsichtlich der Repräsentativität des gefundenen Materials. Die Lösung besteht in der Kombination der beiden Verfahren, der Datenerhebung mittels korpusanalytischer Methoden und der anschliessenden lexikographischen Aufbereitung der Daten unter pragmatisch-semantischen Gesichtspunkten.